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Den Liebeskummer bewältigen und eine neue Perspektive entwickeln

von Jutta Nester-Siepe

Felix hat Liebeskummer, denn seine langjährige Freundin Kathrin hat ihn verlassen. Seit Tagen sitzt er zuhause, hat sich krank gemeldet, kann nicht schlafen. Er fühlt sich wie amputiert und kann es einfach nicht fassen. Er hätte nie gedacht, dass es ihn so hart trifft. Irgendwann beschließt er, seinen Freund Bernd anzurufen und ihm zu sagen, was passiert ist. Das kostet ihn schon Überwindung, aber verheimlichen kann er es sowieso nicht. Bernd ist zwar viel älter als Felix (38), er kann ihn aber gut verstehen, da er schon ähnliches erlebt hat. Bernd weiß, wie weh das tut. Er bietet Felix an, dass dieser sich immer bei ihm melden kann, wenn er reden will. Und er rät Felix, Kathrin erst mal nicht mehr zu sehen oder anzurufen.

Kein Kontakt zum Ex

Das ist ein sehr kluger Rat, wie ich finde. Meine Erfahrungen aus der Beratung zeigen immer wieder, dass es für Menschen, die sehr leiden, notwendig ist, den Kontakt mit dem Ex eine Weile auszusetzen. Sie müssen sich also eine Auszeit zu schaffen, damit die seelischen Wunden heilen können und nicht immer wieder aufgerissen werden durch SMSen, mailen, telefonieren oder sogar treffen.

Den meisten Menschen fällt dies leichter, wenn sie dabei unterstützt werden. Bernd ist ein Trennungsbegleiter und erfüllt als solcher wichtige Voraussetzungen: er kann zuhören, hat die Partnerschaft der beiden erlebt und investiert für einen überschaubaren Zeitraum von 2 Monaten besondere Aufmerksamkeit in Felix.

Sich einen Begleiter suchen

Einen Begleiter in der Zeit nach einer Trennung zu haben, das ist schon die halbe Miete. Bernd hilft Felix nach dem ersten Schock durch die Phase der verwirrenden Gefühle. Neben traurig sein gehören dazu auch Orientierungslosigkeit, verzweifelt sein, wütend sein. Felix fällt es schwer, sich auf dieses Wütendsein einzulassen. Sie hatten doch so eine tolle Partnerschaft! Sie war doch seine Traumfrau.

Anja geht es da ganz anders. Die 44- jährige  wurde von Björn verlassen. Wochenlang aß sie massenhaft Süßes, jetzt aber ist sie total wütend auf Björn. Wie konnte er nur gehen? Voller Wucht schleudert sie sein Kissen an die Wand und schreit alles raus, was er ihr angetan hat. Schließlich beruhigt sie sich wieder- und fühlt sich dann etwas leichter. „Ich werd es auch ohne dich schaffen“, sagt sie dann trotzig.

Aufkommende Gefühle zulassen

Aus therapeutischer Sicht ist dieses Zulassen des jeweils auftauchenden Gefühls wichtig. Die Kunst besteht darin, das aktuelle Gefühl angemessen auszuleben. Ohne andere zu verletzen oder sich selbst Schaden zuzufügen. Für viele ist das Aufschreiben eine enorme Hilfe, im Tagebuch zum Beispiel. Andere nutzen ihre kreative Ader und setzen ihre Gefühle in Farben oder Töne um. Wieder andere in Bewegung, in Sport. In jedem Fall schafft die Auseinandersetzung damit Abstand. Und der ist nötig, um dann das Vergangene bewerten zu können: Was war gut? Was möchte ich in der nächsten Beziehung anders machen? Schließlich reifen Pläne über eine andere, bessere Zukunft.

Die eigenen vier Wände verändern

Felix ist allerdings noch nicht soweit. Er merkt, dass das gerahmte Urlaubsfoto an der Wand seine Stimmung immer wieder niederdrückt. Auch die Musik-CD`s, die Kathrin gehören. Um sich wieder richtig wohl fühlen zu können, müssen diese Dinge aber aus seinem Blickfeld. Drei Kisten füllt er dann: eine mit Dingen, die ihr gehören und die Bernd ihr aushändigen soll. Eine zweite mit Erinnerungsstücken, die er behalten will – für später. Diese Kiste kommt in den Keller. Und eine dritte Kiste mit Sachen, die er gar nicht mehr braucht. Die kommt in die Tonne. Hier und da schmerzt ihn diese Aktion sehr und wühlt ihn auf. Aber zunehmend fühlt er sich auch befreiter. Ah, da kommt ihm eine Idee. Er wird das Bett umstellen und – ja, auch das Regal. Das ist gut. Am Ende hat sich manches in der Wohnung verändert. Und auch in ihm drin.

Liebevoll mit sich umgehen

Irgendwann wird es Felix zuhause zu langweilig. Er beschließt, mal wieder zum Aikido zu gehen. Damit hat er eigentlich wegen Kathrin aufgehört. Nicht bewusst, eher so beiläufig, damit sie sich öfters sehen konnten. Dabei war ihm das früher mal so wichtig. Nach einigen Wochen spürt er, dass es ihm auch körperlich besser geht und er wieder mehr darauf achtet, regelmäßig und gut zu essen.

Diesen liebevollen Umgang mit sich selbst zu pflegen, das nimmt sich auch Anja vor. Es gelingt ihr aber schwer. Schon wieder ist sie stundenlang vor dem Fernseher versumpft – und dabei wollte sie doch mal was Schönes zum Anziehen kaufen. Sie wollte keinen Tagträumereien nachgehen und keine Rachepläne gegen Björn schmieden. Dazu hilft, das hat sie mal in einem Ratgeber gelesen, ein regelrechter Entschluss. Sie überlegt.

Den Neubeginn beschließen

Ihr Entschluss – könnte der nicht so lauten: „Ich bin liebenswert, so wie ich bin. Björn hat sich von mir getrennt, weil seine Erwartungen und das, was ich bin, nicht mehr zusammengepasst haben. Ich gebe alle Hoffnungen auf eine Fortführung der Partnerschaft auf.“ Sie malt diese Sätze auf ein großes Blatt Papier und hängt es ins Schlafzimmer. Mehrmals liest sie das Geschriebene. Tränen fließen, aber es fühlt sich gut an. Geschafft. Das war nicht leicht. Sie ist stolz auf sich. Und dann verabredet sie sich mit ihren zwei besten Freundinnen. Zum Shoppen und in die Eisdiele. Sie spendiert einen Rieseneisbecher und erzählt ihnen dann feierlich von ihrem Entschluss.

Einige Monate später plant sie ihren nächsten Urlaub. Diesmal als Single. Eine Woche davon wird sie sich, und das ist neu, in der ehrenamtlichen Hausaufgabenhilfe engagieren. Da hat sie kürzlich mal reingeschnuppert. Diese Arbeit macht ihr Spaß und gibt ihr das Gefühl, etwas sehr Sinnvolles zu tun. Keine Zeit also, um im Urlaub in ein Loch zu fallen.

Sich Zeit lassen

Nach einer Trennung wieder auf die Beine zu kommen, das braucht Zeit. Ein Jahr ist da durchaus keine Seltenheit. Das haben wir an Anja und Björn gesehen. Es ist ein Weg mit Tiefen und Höhen, und wenn man denkt, es ist überstanden, zieht einen plötzlich die Sehnsucht wieder in einen Sumpf aus Selbstmitleid. So verschieden wie die Menschen, so unterschiedlich sind auch die Gefühle, die nach einer Trennung bei Liebeskummer aufbrechen. Gemeinsam ist allen, dass sie wirklich leiden – körperlich und seelisch.

Wer sich allein gelassen fühlt – oder wer sehr kritisch mit sich selbst umgeht, der ist in einer Beratung gut aufgehoben. Singleberater und Beraterinnen haben oft mit Liebeskummer und seiner Bewältigung zu tun. Wer in eine Beratung geht, der erhält die nötige Unterstützung, um die Krise gut zu meistern. Denn eine Trennung bedeutet immer eine Krise, aber sie birgt in sich auch die Chance zu einer positiven Veränderung, zu einem bewusster gestalteten Leben. Nicht zuletzt auch zu mehr Lebensfreude.